Schockierende Unfallbilder sollen im Crash Kurs für mehr Verkehrssicherheit sorgen
Manchmal ist auch ein Rettungssanitäter machtlos. Rettungskräfte berichten jugendlichen Berufsschülern im „Crash Kurs MV“ von realen Fällen, um sie aufzuwecken.
Neustrelitz Totenstille herrscht in der Aula des Beruflichen Bildungszentrums in Altstrelitz. Betroffenes Schweigen und eine drückende Stimmung hat sich ausgebreitet. Schockierende Unfallbilder von realen Verkehrsunfällen flimmern über eine große Leinwand. Das lässt keinen der circa 200 Berufsschüler kalt.
Ein Rettungssanitäter, ein Notfallarzt, eine Polizeioberkommissarin, ein Feuerwehrmann und weitere Einsatzkräfte sprechen offen über das, was sie alltäglich auf den Straßen erleben, wenn sie zu einem Einsatz gerufen werden. Trotz jahrelanger Berufserfahrung sind sie nicht abgeklärt, denn manche Schicksale haben auch sie bis heute nicht vergessen.
Die Aktion „Crash Kurs MV“, die es bereits seit 2013 gibt, soll die Berufsschüler wachrütteln, denn auch sie sind täglich auf den Straßen in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs. Viele kommen von weiter her von den Inseln Usedom und Rügen, aus Rostock oder Greifswald, um hier in Neustrelitz die Berufsschule zu besuchen. Auch sie könnte es treffen, wenn sie während der Fahrt aufs Handy schauen, Selfies machen, sich nicht anschnallen, rasen oder unter Alkohol- oder Drogeneinfluss fahren.
Trotzdem die Berufsschüler von den Lehrern auf die Bilder vorbereitet worden sind, müssen einige den Raum verlassen, weil sie es nicht ertragen können, denn die gezeigten Verkehrsunfälle endeten tödlich für die jugendlichen Fahrer. Auch für die Rettungskräfte ist es schwer, über das Erlebte zu sprechen, wenn eine circa 20-jährige Mutter nicht angeschnallt war und somit den Zusammenstoß mit einem Lkw bei 70 Kilometer pro Stunde nicht überleben konnte. Mit ihr im Auto saßen ein zweimonatiges Baby und ein zweijähriger Junge. Die Kinder wurden mit ihren Sitzen bei dem Aufprall aus der Isofix-Verankerung gerissen. Das Baby starb nach Krampfanfällen im Schockraum im Klinikum an einer massiven Hirnblutung. Der Feuerwehrmann der Berufsfeuerwehr Neubrandenburg kann nicht vergessen, die der Zweijährige nach seiner Mutter weinte, die tot neben dem Fahrzeug lag.
Auch das Schicksal zweier jugendlicher Motorradfahrer, die in einer S-Kurve von der Straße abkommen und mit schwersten Verletzungen auf der Straße versterben, gehen unter die Haut. Notfallmediziner und Facharzt für Allgemeinmedizin und Kinderchirurgie, Thomas Hanff, hat die Motorradhelme der beiden toten Jugendlichen dabei. Mahnende Beispiele, die traurig sind und die Jugendlichen betroffen machen. 2023 starben in Mecklenburg-Vorpommern 57 Menschen bei Verkehrsunfällen. Darunter waren sieben Jugendliche. Für jeden Toten wurde ein Kreuz auf einem leeren Stuhl in der Aula platziert.
Elf Klassen haben an der Aktion teilgenommen – freiwillig. Im Nachgang ist die Schulsozialarbeiterin für die Jugendlichen da. Für die rustikalen jungen Männer, die überwiegend auf dem Bau arbeiten und die sonst nicht so auf Gefühle geeicht scheinen, sei die Veranstaltung emotional berührend gewesen, sagte Schulleiterin Kathleen Supke. Das Schöne sei, dass sich einige Schüler im Anschluss der Freiwilligen Feuerwehr Altstrelitz angeschlossen hätten, die gleich gegenüber der Berufsschule ihr Gerätehaus hat.
Quelle: Nordkurier